Die Bremer Stadtmusikanten
Interpretation
Was ist das Thema im Märchen: In dieser Geschichte finden sich alle "Schwachen" wieder die sich ausgebeutet oder unterdrückt fühlen. So erzählt das Märchen, exemplarisch an dem Schicksal der Haustiere, wie es dem ergehen kann, der ungerecht, undankbar und grausam über Schutzbefohlene verfügt. Es erzählt von der Revolution, die der Schreckensherrschaft ein Ende setzt und die Gerechtigkeit wieder herstellt.
Die langen Jahre der Unterdrückung und Ausbeutung:Das Märchen der Bremer Stadtmusikanten ist die jahrtausendjährige Geschichte der Haustiere, auf deren Leistung der Mensch seine wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung aufgebaut hat. In den Bremer Stadtmusikanten werden "die Haustiere" zu Persönlichkeiten mit Geschichte. Da ist der Esel, der unverzagt die Lasten trägt, der Hund, der bei der Jagd das Wild treibt, und für das Fleisch am Tisch sorgt, die Katze die unermüdlich die Mäuse fängt und die Speisekammern schützt und der Hahn, der den Guten Morgen ankündigt und wie eine Uhr den Tag einteilt.
Allesamt sind alt und für die Arbeit unbrauchbar geworden. Das macht sie für den Menschen wertlos und sie werden trotz ihrer langjährigen Leistung vom Menschen um ihr Leben bedroht. Die ausgebeuteten Tiere werden zu "Landesflüchtigen", "Gesellen" und "Spielleuten", die dem Menschen den Rücken kehren, und sich zum ersten Mal in der langen Geschichte der Haustiere um ihr eigenes Geschick kümmern.
Sie sind keine wildlebenden Tiere mehr, selbst eine Übernachtung draussen im Wald ist ihnen unbequem. Das häusliche Licht verspricht da eine bessere Herberge. Ihr Leben mit dem Menschen hat sie zu sehr an das menschliche Haus gewöhnt.Die Revolution, jetzt dreht sich die Geschichte um:
die Tiere, die vorab aus Haus und Hof verjagt wurden, verjagen nun selbst den Menschen aus Haus und Hof. Dass es Räuber sind, die an einem reichgedeckten Tisch sitzen, weist nocheinmal auf die Eigenschaft des Stehlens, der Völlerei, und der Brutalität des Menschen hin. Die Besitzer der Tiere, der Müller, der Jäger, die Hausfrau und Herrin, haben sich den Tieren gegenüber wie Räuber verhalten. Wer hat ihnen denn den reich gedeckten Tisch erwirtschaftet, wenn nicht die Tiere.
Da die Tiere sich untereinander solidarisieren, sich aufeinander stellen und ein gemeinsames Zeichen vereinbaren, erkennt der Mensch sie nicht mehr, sondern erschrickt durch ihre neuen Gestalt. Sie sind nicht wie gewohnt geduldig, hilflos und dumm, sondern groß, wehrhaft und klug. Die Räuber waren nicht darauf vorbereitet, zu lange haben sie sich in Sicherheit gewogen.
Die Haustiere nehmen den Platz des Menschen ein, sie richten sich ein, ohne Herr oder Herrin über sich. Wie nun die Menschen/Räuber versuchen ihr Haus zurückzuerobern, lassen sie sich abermals von den Tieren täuschen.
Das schlechte Gewissen der Räuber, ihre lebenslange Schuld die Schwachen bestohlen und grausam behandelt zu haben, ist entscheidend für ihre Phantasien. In ihrer Phantasie ist der Esel ein schlagendes Ungetüm, der Hund ein Mann mit Messer, die Katze eine gräuliche Hexe und der Hahn ein unnachgiebiger Richter.