Gespräch zwischen Mutter und Tochter
Aus dem Leben gegriffen: ein Konflikt beschrieben aus den Augen einer Mutter mit ihrer Tochter "Lele".
Lele ist 16 Jahre, ihr lange Hals ragt über die schmalen Schultern. Die Füße sind in hohe Schuhe geschnürt, die nicht zum Rennen sondern zum Schreiten und zum Stolzieren sind. Die Mutter nennt sie manchmal auch "mein Schwanenkind".
Lele: "Warum bist du nicht ans Handy gegangen, ich hätte dich dringend gebraucht, nie bist du da wenn ich dich brauche, du hättest mir etwas zum Essen besorgen können!" die Mutter steht in der Eingangstür, sie kommt gerade mit ihrem Freund von einem Tagesausflug in den Bergen zurück. Täler überwinden, Höhen erreichen.
Der Freund der Mutter dreht sich um, geht hinaus in den Garten, er weiß, Lele vermisst ihre Mutter immer dann wenn sie sie braucht. Und die Mutter versucht es Lele recht zu machen, dann wenn sie Zeit hat. Das passt nicht zusammen. Ein Zweikampf aus dem er sich heraushält.
Mutter; "Jetzt ist es zu spät, die Geschäfte sind schon geschlossen", sie reicht über die Tochter, die an ihrem Schreibtisch sitzt, um den blinkenden Anrufbeantworter abzuhören. Lele schleudert ihr ins Gesicht: "Schau, wieder interessierst du dich nicht für mich"! Alle Indizien sprechen gegen die Mutter, die Mutter ist sprachlos.
Lele schlägt empört ihre Zimmertür zu, die Mutter hört Schluchzen, sie steht vor der geschlossenen Tür, sie wagt sich nicht hinein. Der Freund der Tochter ist da, er wird ihre Tochter in den Arm nehmen und trösten.
Erst letzte Woche hatten die Beiden über Frau Holle diskutiert.
weitere Mutter Tochter Texte von Daniela Tax unter "Andersen das hässliche Entlein"
Die Mutter auf der Seite der Frau Holle: "die verwöhnte Tochter ist nur im Bannkreis der Mutter stark, für den Dienst bei Frau Holle taugt sie nicht. Und hat nicht die Mutter der Tochter durch das Verwöhnen geschadet? Sie an sich gebunden, ihr keine Widerrede geboten aus Angst einsam dazustehen und ihre Tochter zu verlieren? Und die andere Goldmarie, die sie brutal hinausgeschickt hat, der sie die schwere Arbeit aufbürdete, die wurde schließlich von Frau Holle reich belohnt." | Lele auf der Seite der Pechmarie: "Diese Frau Holle mag ich nicht, sie ist eine harte Frau, sie bestraft ohne sich zu erklären. Sie hat das Mädchen mit einem Kessel Pech übergossen, eine viel zu brutale Strafe für ein Mädchen, fast noch ein Kind!" |
Mutter fragt sich insgeheim: "weshalb habe ich eine solche Angst meine Tochter mit Strafe zu überziehen? Ist es nicht wichtig, den Lohn für die eigene Arbeit serviert zu bekommen. Schlechte Arbeit, schlechter Lohn! Gute Arbeit, guter Lohn! Wie sonst kann Lele lernen, was richtig und was falsch ist?" | |
Mutter fragt laut: "Hätte die Frau Holle sich erklären sollen?" | Lele: "Ja, warum nicht?" |
Die Stimme der Mutter wird sicherer: "Frau Holle hätte gesagt, Mädchen, am ersten Tag hast du dir noch Mühe gegeben, natürlich auch weil du mit dem guten Lohn geliebäugelt hast. Doch am zweiten Tag, hast du dich schon gehen lassen, meintest du ich sehe nicht wie nachlässig du deine Arbeit gemacht hast? Wenn du die Betten nicht kräftig ausschüttelst hat es auf der Erde keine Wirkung, es wird nicht schneien, und schon bald wird ein Tag wie der andere sein." | Lele: "Das ist doch wieder nur Gelabere." |
Mutter: "Nein, hör zu die Frau Holle sagt zur Pechmarie, das Brot ist verbrannt, die reifen Äpfel am Baum verdorrt. Sie sind mir heilig, sind Nahrung und Leben. Auch dein Leben ist mir heilig." | Lele: "Das sind doch alles faule Ausreden dafür, dass die Holle die Goldmarie einfach lieber hat!" |
Mutter: "Nein, die Maries sind gleich, sie haben den gleichen Namen, kommen den gleichen Weg über den Brunnen in den Garten. Frau Holle ist fair, die Schwestern bekommen haargenau die gleichen Aufgaben gestellt." | Lele: "Aber kein Mensch gleicht dem anderen, selbst Zwillinge sind ungleich, das ist bewiesen. Und falls es dir noch nicht klar ist, die Pechmarie wurde doppelt bestraft, einmal weil ihre Mühe nicht gesehen wird, es heißt im Text, sie tat sich Gewalt an, und weil sie sich im Vergleich mit ihrer eigene Schwester benachteiligt fühlen muss. |
Mutter: "da hast du recht, fühlst du dich gegenüber deiner Schwester auch benachteiligt"? | Lele: "Mag schon sein". |
Lele: "Und es ist doch unfair, denn die Goldmarie hat einen Vorteil, sie hat die Hausarbeit bei der Mutter gelernt, die Pechmarie nicht." | |
Mutter: "das stimmt, so habe ich es noch nicht gesehen." | Lele packte noch eins drauf: "so gesehen hat die Mutter schuld, sie hat der Pechmarie die Hausarbeit nicht beigebracht. Sie müsste mit Pech überschüttet werden." |
Mutter: "Komm Lele, ich bring dir das an Hausarbeit bei, was ich gelernt habe. Ehrlich gesagt viel ist es nicht, und ich mach es nicht besonders gern. Weißt du ich bin nämlich ein verwöhntes Kind. Meine Mutter hat immer mein Bett gemacht. Sie sagte es wäre ihr so lieber gewesen ,wie mit mir täglich um das Bettenmachen streiten zu müssen" | Lele: "Aha!" |