Der Wolf und der Fuchs
Brüder GrimmDer Wolf hatte den Fuchs bei sich und was der Wolf wollte, das musste der Fuchs tun, weil er der schwächere war, und der Fuchs wäre gerne den Herrn los gewesen.
Es trug sich zu, dass sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf:
"Rotfuchs bring mir etwas zu fressen, sonst fresse ich dich selber auf!"Da antwortete der Fuchs:
"Ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen."Dem Wolf war das recht, sie gingen hin, und der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu haben und ging es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt anstellte, bemerkte es das Mutterschaf und begann zu schreien und zu blöken. Da kamen die Bauern gelaufen und und schlugen ihn so erbärmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam:
"Du hast mich schön angeführt, ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und haben mich weich geschlagen."Der Fuchs antwortete:
"Warum bist du so ein Nimmersatt!"
Am anderen Tag gingen sie wieder ins Feld, sprach der gierige Wolf abermals:
"Rotfuchs bring mir etwas zu fressen, sonst fresse ich dich selber auf!"Da antwortete der Fuchs:
"Ich weiß einen Bauerhof, da bäckt heute abend die Frau Pfannkuchen, wir wollen uns davon holen."Sie gingen hin, und der Fuchs schlich um das Haus herum, schaute hier, und schnupperte so lange bis er ausfindig machte wo die Schüssel stand. Er zog sechs Pfannkuchen herab und brachte sie dem Wolf. Und sprach zu ihm, "da hast du zu fressen," und ging seiner Wege. Der Wolf hatte die Pfannkuchen in einem Augenblick heruntergeschlungen und sprach zu sich:
"Das schmeckt nach mehr,"ging hin und riss geradezu die ganze Schüssel herunter, daß sie in Stücke zersprang. Das gab einen gewaltigen Lärm, dass die Frau herauskam, und als sie den Wolf sah, rief sie die Leute, die eilten herbei und schlugen ihn, was das Zeug hielt, so dass er auf zwei Beinen lahmte und heulend zum Fuchs lief:
"Was hast du mich garstig angeführt, die Bauern haben mich erwischt und mir die Haut gegerbt!"Der Fuchs antwortete:
"Warum bist du so ein Nimmersatt!"
Am dritten Tag, kriechend auf und hinkend kommt der Wolf zum Fuchs:
"Rotfuchs bring mir etwas zu fressen, sonst fresse ich dich selber auf!"Da antwortete der Fuchs:
"Ich weiß einen Metzger, der hat frisch geschlachtet. Das Fleisch hat er in seinem Keller in einem Fass in Salz eingelegt,wir wollen uns davon holen."Sprach der Wolf:
"Aber diesmal komm ich mit, damit du mir hilfst wenn ich nicht gleich fortkomme."Antwortete der Fuchs:
"Meinetwegen."
So zeigte ihm der Fuchs die Schliche und Wege bis sie endlich zum Keller des Metzgers kamen, sich dort durch eine Fensterluke hindurchzwangen und in den Keller gelangten. Dort war nun Fleisch im Überfluss und der Wolf machte sich gleich ans Fressen:
"Diesmal kann ich mir schön Zeit lassen und mir den Bauch vollschlagen."Der Fuchs ließ es sich auch schmecken. Er sprang aber immer herum schaute sich überall um und lief immer wieder zu der Fensterluke und prüfte ob sein Leib noch schmal genug wäre durchzuschlüpfen. Da rief der Wolf:
"Rotfuchs, warum springst du so hin und her?"Antwortete der Fuchs:
"ich muß doch aufpassen ob niemand kommt, friss du nur nicht zuviel."Sagte der Wolf:
"Ich geh nicht eher fort als dass das Fass leer ist."Kam der Metzger mit dem Knüppel in die Kammer:
"Was ist das für ein Lärm in meinem Keller, Fleischdiebe!"Der Fuchs war mit einem Satz draußen, aber der Wolf hatte sich so dick gefressen, dass er nicht mehr durch das Loch kam, stecken blieb und vom Metzger totgeschlagen wurde. Der Fuchs aber sprang in den Wald und dachte froh:
"den Nimmersatt bin ich endlich los!"