Der liebste Roland; Interpretation
Der Titel des Märchens.
"Der liebste Roland" der Name lehnt sich an den fränkischen Hruodland, das (hruod) steht für „Ruhm“ und land für „Land“. Der bekannte Hruodland war ein ruhmreicher Ritter unter Karl dem Großen, der 778 im Kampf fiel. Das Rolandslied, ist eines der ältest erhaltenen Versepen. Rolando, Orleando, Roger, Rowley oder Lorand, entstammen dem gleichen Namen und waren im Mittelalter beliebte Vornamen in Europa. Eingang in die Literatursprache fand er durch Ariost "durch den italienischen Orlando furioso (1516).
Was verrät uns der "der liebste Roland." Das Märchen erzählt von der Liebe, darauf weisen auch die letzten Sätze im Märchen hin, Roland:".......das ist die rechte Braut, eine andere begehr ich nicht." Und weiter heißt es im Märchen "....da hielt das treue Mädchen Hochzeit mit ihrem liebsten Roland, und war sein Leid zu Ende und fing seine Freude an."Das Märchen erzählt von dem langen Weg der ungeliebten Tochter zur geliebten Frau. Ein langer steiniger Weg von Trauma und Gewalt, Flucht und Kampf, Depression und Selbstauflösung, bis hin zur Genesung und sich zu erkennen geben. Es ist die Selbstfindung einer jungen Frau, die viele schwere Steine in den Weg gelegt bekommen hat und ebenso viele Reichtümer.
Die Figuren im Märchen:
Das Märchen ist ein Frauenmärchen; Gleich im allererste Satz beginnt ihre Vorstellung; "es war einmal eine Mutter, die hatte nur ihre rechte Tochter lieb, und hasste ihre Stieftochter, die doch tausendmal schöner und besser war."Die Mutter ist die liebende Mutter und die hassende Stiefmutter in einer Person. Zusätzlich ist sie eine große Zauberin, die versucht die eigene Tochter zu bevorzugen und die gehasste Tochter zu zerstören. Sie wird im Märchen als Hexe bezeichnet.
Die Töchter, sind zueinander Stiefschwestern und gegenüber der Mutter, Tochter und Stieftochter. Die eigene Tochter ist die geliebte und die fremde die ungeliebte Tochter. Die ungeliebte Tochter ist die Heldin des Märchens, mit ihr denken und fühlen wir, ihre Schönheit, ihr gutes Wesen regt den Neid und den Hass der Stiefschwester und der Stiefmutter an. Das Märchen beginnt wie die Töchter, zur reifen jungen Frauen herangewachsen sind, wobei die Heldin Roland zu ihrem Liebsten hat.
Die weise Frau, ich denke sie mir weise und weißhaarig, sie wird um Rat gebeten, und versteht etwas vom Zaubern und Entzaubern. Sie ist der Stiefmutter, der Hexe an Zauberkraft ebenbürtig. Sie wird von dem Jäger um Rat gefragt, ihre Anweisungen führen zur Heilung und Weiterentwicklung der jungen Heldin.
Der liebste Roland im Märchen ein Geliebter mit ritterlichen Eigenschaften.
Der Jäger hat ein Gespür für Wald und Flur, schützt und bewahrt. Auch er liebt die schöne Tochter, deren Liebreiz er schon in ihrer Verwandlung, als kleine rote Blume am Wegesrand erkannt hat. Er kennt die weise Frau, hat Zugang zu den guten Kräften und bittet um Rat. In seiner Obhut kann sich die junge Frau wieder zeigen. Sein Heiratsangebot nimmt sie allerdings nicht an. Wahrscheinlich entspricht er nicht wie der Ritter Roland ihrem Stand.
Ich erzähle das Märchen in unserer Märchengemeinschaft: Wir sind heute eine Frauenrunde und gehören der Generation der Mütter und Großmütter an. |
Das Märchen handelt von der Liebe.
Zitat;"Zu einer Zeit hatte die Stieftochter eine schöne Schürze, die der andern gefiel, so dass sie neidisch war und ihrer Mutter sagte, sie wollte und müsste die Schürze haben."Ob wir noch eine schöne Schürze tragen, der Abend zeigt es, ja! So oder ähnlich, eine hat Perlen ins schwarze Haar geflochten, eine trägt einen anliegenden Rock mit gebügelter Bluse, eine ist aus dem Urlaub mit frischem und erholtem Teint zurückgekehrt, ihr erdbrauner Pullover ist so weich wie das Fell eines Tierchens. Jede schmückt sich, die Lippen im lieblichen Rose, die Haare goldig statt grau, weite Kleider betonen die harmonischen Bewegungen. Wir tun das füreinander und jede auch für sich selbst. Es ist Selbstliebe, sie lädt ein, wirft ihren Zauber wie ein Licht auf die Schönheit und die Liebe. |
Das Märchen erschreckt durch die grausamen Geschehnisse, sie legen zerstörerische Kräfte offen.
Geschürt durch die Gefühle von Hass und Neid.Jede kennt das Gefühl von Neid, entweder weil wir den Neid anderer wecken, oder weil wir selber neiden. Neid verzerrt die Wahrnehmung und es ist äußerst schwierig einer Neiderin zu beweisen, dass sie genauso schöne Dinge geschenkt bekommt. Es geht vordergründig um die Schürze aber in der Tiefe geht es um die Liebe. Nicht die Liebe der Mutter, sie besitzt bereits die alleinige Liebe der Mutter. Sie neidet die Liebe des Roland, die nicht ihr, sondern ihrer schönen Schwester gilt.
Wir stellen die Frage in die Runde; "Hast du Neid gegenüber einer Frau empfunden, und woher rührte dieser Neid?" |
Hass ist weniger häufig, denn Hass, wie er hier im Märchen beschrieben wird, hat eine lange Entstehungsgeschichte. Hass an sich ist eine Bedrohung, und zielt auf die Zerstörung des gehassten Objekts, das gilt auch für den Selbsthass. Kinder sagen schnell einmal im Streit; "ich hasse dich," so wie sie auch Spinat hassen können oder die Katze, die sie gekratzt hat. Woher rührt der Hass, er rührt aus dem zurückgewiesenen Wunsch nach Liebe und Zuwendung. Die Zurückweisung wird als eine starke Verletzung der einzigartigen Persönlichkeit empfunden. Der Hass kann mächtig werden, denn dahinter verbirgt sich ein Minderwertigkeitsgefühl.
Kennst du Hass? Warst du wie das Mädchen im Märchen Opfer von Hass? |
Die Mutter möchte ihrer eigenen Tochter die Schürze geben. I Sie hasst die Stieftochter, die ihrer eigene Tochter, und damit ihr im Weg steht. Die Mutter und Stiefmutter, eine Hexe und mächtige Zauberin, richtet über Leben und Tod. Mit einer Axt, die sie mit beiden Händen festhält hackt sie der eigenen und bevorzugten Tochter den Kopf ab.
Es geht um das Erbe der Zaubermacht der Alten.
Welches der Töchter stellt sich als die Geeignetere und stärkere Persönlichkeit heraus? Welche erbt die Zauberkraft. Und welche heiratet den liebsten Roland. Hierin gibt es Ähnlichkeit mit den bekannten Märchen "Frau Holle", "die Gänsemagd" und "Aschenputtel".Woran wird die geeignete Tochter bemessen. Es stellt sich die Frage nach dem guten handeln sowie die Schönheit ist ein Indiz. Schön sein im Märchen bedeutet Ausstrahlung und Anziehungskraft, ihr gutes Wesen strahlt von innen nach aussen. Diese Schönheit ist ein Geschenk der großzügigen Natur.
Die Heldin zeigt eine große Ichstärke, sie steht allein gegen die Macht der Alten und der Schwester als Komplizin.
Wir stellen fest, dass es in unseren jeweiligen Biographien unterschiedlich starke Prüfungen und Hindernisse gab. Die Frage stellt sich ob wir diesen Prüfungen erlagen, ein Trauma davongetragen haben von dem wir uns vielleicht nie erholen. Oder ob wir Fähigkeiten an die Hand bekommen haben durch die wir sie überwunden und uns bewährt haben. |
Einprägsame Bilder im Märchen zeigen einerseits die Bedrohung und anderseits die Bewährung des Mädchens. Wie sie in einer dunklen Ecke steht und dem Gespräch lauscht. Wie sie in der Bedrohung im Haus eingesperrt ist, sie ist in der Minderzahl. Ihre Schwester liegt zuerst in Sicherheit im Bett hinten, und sie selbst muss vorne liegen, ihr Kopf liegt wie auf einer Schlachtbank. Als ihre Schwester eingeschlafen war, vertauscht sie die Plätze, legt sich selbst nach hinter und schiebt ihre Schwester vor. Hier ist die rechtliche Frage nach Mord oder Notwehr nicht so einfach zu beantworten.
Viele Menschen erstarren in einer lebensbedrohlichen Situation, anstatt zu reagieren. Es bedarf einer starken Persönlichkeit sich durch tatkräftiges Handeln zu retten.
Es werden heilige Rituale praktiziert.
Sie tröpfelt das Blut ihrer Stiefschwester auf die Schwelle der Treppe, in die Küche und vor das Bett. Es geschieht wie eine heilige Handlung, die Blutstropfen antworten mit der Stimme der toten Stiefschwester auf die Fragen der Mutter. Die getötete Tochter ist also noch da. Es ist wie ein Zauberbann, durch die Fragen an die tote Tochter gewinnt die fliehende Tochter einen Vorsprung auf der Flucht. Das Tröpfeln des Blutes ist auch wie ein heiliges Ritual, eine Erlösung und Reinigung des getöteten Mädchens durch die jeweiligen Fragen der Mutter "wo bist du?" Die Blutstropfen führen die Mutter nach jeder Frage näher zu der toten Tochter. Vielleicht ist die Tochter erst dann erlöst, und ihre Seele kann sich loslösen von ihrem Körper, dem Haus und letztendlich von ihrer Mutter.Dagegen wirkt das Entwenden des Zauberstabes der Alten fast niedlich. Wie in einem Walt Disney Film. Ich denke die Zauberkraft bedarf keines Stabes, sondern eines starken Bewusstseins, und geht mit Voranschreiten des Märchens immer mehr auf die Stieftochter über während sich die Zauberkraft der Alten veliert.
Das Märchen erzählt von der Flucht.
Auf der Flucht vor lebensbedrohlichen Verhältnissen, vor der Stiefmutter, die mächtiger ist als die Fliehenden. Eine Konfrontation mit ihr sind sie noch nicht gewachsen, es gilt Zeit und Raum gegenüber der Verfolgerin zu gewinnen. Während dessen kann man Fähigkeiten und Kräfte entwickeln, die hilfreich sind für den anstehenden Kampf.
Wir waren alle schon einmal auf der Flucht, meist sind es innere Konflikte denen man sich entziehen möchte. Aber es gibt gerade heute an Europas Grenzen, tausende Menschen die aus Krieg, Armut, Unrecht und Verfolgung fliehen um in einem sicheren Land überleben zu können. |
Im Märchen flieht sie mit ihrem Liebsten, und durch ihre Verwandlungsstärke, nennen wir es noch einmal Zauberkraft gelingt es ihnen, ihre Verfolgerin weiter zu schwächen und selbst an Stärke zu gewinnen. Die Ähnlichkeit mit "Fundevogel" ist unübersehbar. Ihre Kraft ist die Liebe, das Vertrauen und Zusammenspiel des Paares.
Das Bild des Teiches und der Ente; Das große unüberwindliche Wasser, ein Bild des Schutzes, das ist der geliebte Roland, und in der Mitte des Teiches ist sie, in Sicherheit. Sie ist der Mittelpunkt, ihr Leben das es zu bewahren gilt.
Das Bild der Dornenhecke in deren Schutz die Blume. Bei der zweiten Verwandlung hat das Paar an Geschick und Sicherheit gewonnen. Sie kann sich allein schützen und er hat seine Kraft übrig um die Nachfolgerin zu überwältigen. Er lässt sie als Geigenspieler in den Dornen tanzen. Sie vernichtet sich mit ihrer eigenen Energie. Sie ist gefangen durch die Hecke und das Geigenspiel, sie kommt ihrer innere große Unruhe nicht aus, wie eine aufgezogene Uhr, hat sie die Kontrolle über die Geschehnisse verloren, kann ihre zerstörerische Energie nicht mehr gegen die Tochter richten und verzehrt sich selbst. Das Zerstörerische, die Angst, verzehrt sich selbst wenn sie kein Opfer mehr findet.Hier könnte die Geschichte enden. Denn die Bedrohung ist ausgelöscht. Aber das Märchen erzählt weiter, der Scheinwerfer richtet sich nunmehr auf die Entwicklung der Tochter hin zu einer reifen Frau.