Die Brüder Grimm
Jakob und Wilhelm Grimm waren beinahe gleichen Alters gewesen. Sie waren Germanisten mit einer großen Liebe zur deutschen Sprache und zu den Volksmärchen, die sie sammelten und aufschrieben.
Der erste Band der Kinder- und Hausmärchen erschien im Jahre 1812, der zweite Band 1814 und wuchs im Laufe der Jahre. Die Gesamtauflage beinhaltet etwa 200 Märchen.
Die Volksmärchen wurden mündlich überliefert und entstammen dem Volk. Es gibt keine Autoren der Volksmärchen, ihre Herkunft ist unbekannt. Dazu im Gegensatz stehen die Kunstmärchen die von einem bestimmten Autor verfasst wurden.
Die Brüder Grimm schrieben über eine Erzählerin folgendes:
"Wir lernten aus dem bei Kassel gelegenen Dorfe Niederzwehren eine Bäuerin kennen, die uns die meisten und schönsten Märchen des zweiten Bandes erzählte. Die Frau Viehmännin war noch rüstig und nicht viel über fünfzig Jahre alt. Ihre Gesichtszüge hatten etwas Festes, Verständiges und Angenehmes, und aus großen Augen blickte sie hell und scharf. Sie bewahrte die alten Sagen fest im Gedächtnis und sagte wohl selbst, dass diese Gabe nicht jedem verliehen sei und mancher gar nichts im Zusammenhang behalten könne. Dabei erzählte sie bedächtig, sicher und ungemein lebendig, mit eigenem Wohlgefallen daran, erst ganz frei, dann, wenn man es wolllte, noch einmal langsam, so dass man mit einiger Übung nachschreiben konnte. Manches ist auf diese Weise wörtlich beibehalten und wird in seiner Wahrheit nicht zu verkennen sein. Wer an leichte Verfälschung der Überlieferung, Nachlässigkeit bei Aufbewahrung und daher an Unmöglichkeit langer Dauer als Regel glaubt, der hätte hören müssen, wie genau sie immer bei der Erzählung blieb und auf ihre Richtigkeit eifrig war, sie änderte niemals bei einer Wiederholung etwas in der Sache ab und besserte ein Versehen, sobald sie es bemerkte, mitten in der Rede gleich selber. Die Anhänglichkeit an das Überlieferte ist bei Menschen, die in gleicher Lebensart unabänderlich fortfahren, stärker, als wir, zur Veränderung geneigt begreifen. Eben darum hat es, so vielfach bewährt, eine gewisse eindringliche Nähe und innere Tüchtigkeit, zu der anderes, das äußerlich viel glänzender erscheinen kann, nicht so leicht gelangt. Der epische Grund der Volksdichtung gleicht dem durch die ganze Natur in mannigfachen Abstufungen verbreiteten Grün, das sättigt und sänftigt, ohne je zu ermüden."Den meisten Kindern, die in Deutschland aufgewachsen sind, sind die Märchen der Brüder Grimm am bekanntesten. So gehören sie immer noch zu dem gemeinsamen Volksgut. Danach befragt können meist nur 10 und allerhöchstens 20 Titel angegeben werden.
Darunter stehen in den ersten Rängen: der Froschkönig, Der Wolf und die sieben Geisslein, Schneewittchen, Hänsel und Gretel, Rotkäppchen, Dornröschen und Aschenputtel,
dicht gefolgt von: die sechs Schwäne, die Bremer Stadtmusikanten, Frau Holle, Rapunzel, Rumpelstilzchen, Brüderchen und Schwesterchen, das tapfere Schneiderlein, Tischlein deck dich, die Gänsemagd und der gestiefelte Kater
bei dem Teufel mit den 3 goldenen Haaren, Fundevogel, Meerhäschen, Daumesdick oder Eisenhans wird die Luft schon dünner.
So kann jeder selbst ausprobieren wieviele Märchen darüber hinaus noch bekannt sind.
Die Befürchtung die Märchen könnten verloren gehen war für die Brüder Grimm ein wesentlicher Grund die Märchen zu sammeln und aufzuschreiben. Hier ein Textausschnitt aus ihrem Vorwort zur Märchensammlung:
"Es war vielleicht gerade Zeit, diese Märchen festzuhalten, da diejenigen, die sie bewahren sollen, immer seltener werden. Freilich, die sie noch wissen, wissen gemeinlich auch recht viel, weil die Menschen ihnen absterben, sie nicht den Menschen: aber die Sitte selber nimmt immer mehr ab, wie alle heimlichen Plätze in Wohnungen und Gärten, die vom Großvater bis zum Enkel fortdauerten, dem stetigen Wechsel einer leeren Prächtigkeit weichen."
Die Märchen der Brüder Grimm erzähle ich besonders gerne, die bekannten wie die unbekannten. Denn wir sind alle mit ihnen aufgewachsen. Ihre Bilder, ihre Handlungen, Figuren, Landschaften, ihre karge Wortwahl und ihre Symbole, bilden unsere literarischen Wurzeln.
Inwieweit die Märchen unsere seelische und psychologische Entwicklung mitgeformt haben,unseren Gefühlen Ausdruck gegeben haben, unsere seelischen Nöten und Freuden in Bilder und Geschichten gegossen haben,sind ausführlich unter den "Interpretationen" der jeweiligen Märchen nachzulesen.